„Fluchtpunkt“ – unter diesem Titel steht das diesjährige Programm des Siegburger Kulturprojekts „angekommen?“, dass sich seit 2015 mit dem Thema Flucht und Migration befasst. Im Rahmen des Kunstprojekts werden die verschiedenen Erlebnisse und Erfahrungen zum Thema „Flucht, Migration und Ankommen“ mit den Mitbürgerinnen und Mitbürgern der Stadt Siegburg geteilt.
In einer Doppelausstellung, initiert von der Kurdischen Gemeinschaft, stellen zwei kurdische Künstler im September 2018 (04.09.-27.09.18) am Siegburger Bahnhof ihre Arbeit vor.
Sie sind rechtherzlich zu der Eröffnung der kurdischen Doppelausstellung am 04. September um 14-16 Uhr am Siegburger Bahnhof eingeladen. Wir freuen uns über den gemeinsamen Austausch und den Perspektivwechsel!
ALTE HEIMAT – NEUE HEIMAT Sofian Badel, ein junger jesidischer Kurde aus dem Shingal, flüchte im August 2014 mit seiner Familie in die autonome Region Kurdistan. Er beschaffte sich eine Kamera und fing an die Folgen der Flucht und des Genozides an den Jesidinnen und Jesiden zu dokumentieren. Neben seiner persönlichen Fluchterfahrung zeigt Badel das Schicksal von hunderttausenden von Jesidinnen und Jesiden, die das gleiche Leid erlitten haben. Badel möchte mit seinen Fotografien die Weltöffentlichkeit für die Belange der Jesidinnen und Jesiden sensibilisieren.
Die Jesidinnen und Jesiden im Irak – 2014
Anfang Juni 2014 begann der sogenannte Islamische Staat (IS) eine Großoffensive zur Eroberung und Errichtung eines grenzüberschreitenden Staatsgebildes im Irak und Syrien. Innerhalb weniger Tage eroberte der IS mehrere irakische Städte. Bei ihrem Vormarsch konzentrierte sich der IS zunächst auf den Nordwesten des Iraks sowie an der Grenze zur autonomen Region Kurdistan. Anfang August 2014 hat der IS schließlich die Stadt Shingal unter Beschuss genommen, wo mehrheitlich Jesidinnen und Jesiden, eine religiöse kurdische Minderheit, lebten. Die IS-Miliz ist dabei grausamst gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen – sie haben versucht die Jesidinnen und Jesiden systematisch zu vernichten. Unzählige Frauen wurden vergewaltigt und als Sexsklavinnen verkauft. Männer wurden enthauptet oder bei lebendigem Leib verbrannt oder vergraben. Es war ein Völkermord. Daher sind circa 500.000 Jesidinnen und Jesiden aus dem Shingal geflohen. Viele von Ihnen haben ein 7-10 tägigen Fußmarsch über Syrien und die Türkei in die autonome Region Kurdistan gemacht. Rund 1000 Jesidinnen und Jesiden sind in das Shingal Gebirge geflohen, wo sie vom IS eingekesselt wurden. Bei Temperaturen über 40 Grad, ohne ausreichend Wasser und Nahrung sind zahlreiche Menschen verdurstetet, verhungert oder starben an einem Hitzschlag.
FLUCHT + HOFFNUNG Abdalhalim Ibrahim, ist Kurde aus Qamişlo (Rojava/ Nordsyrien) und lebt seit September 2015 in Deutschland. Er zeigt uns in der Ausstellung verschiedene Karikaturen und Zeichnungen unter dem Titel „Flucht und Hoffnung“. Dabei lässt er seine Gedanken in Bildern sprechen. Hierbei stehen im Zentrum seiner Arbeit die politischen Zusammenhänge Syriens sowie die Hintergründe seiner Flucht. Dem Kunstschaffenden gelingt es hier die Komplexität des Krieges auf teilweise sarkastische Art vereinfacht darzustellen. Neben der direkten und bewussten Konfrontation mit der Kriegsrealität zeigt Ibrahim jedoch zugleich seine Sehnsucht nach Frieden, Freiheit und Demokratie.
Der Bürgerkrieg in Syrien
Seit 2011 herrscht in Syrien ein Ausnahmezustand. Aus anfänglichen Protesten und Demonstrationen ist ein langjähriger Krieg mit unzähligen unterschiedlichen Milizen und Fronten entstanden. Die Ursachen und geologischen Zusammenhänge sind teils unübersichtlich und sehr komplex. Der Norden Syriens, der mehrheitlich von Kurdinnen und Kurden bewohnt ist, und daher als Westkurdistan (Rojava) bezeichnet wird, galt während des Bürgerkrieges lange Zeit als sichere Region. Zahlreiche Menschen haben in Rojava Zuflucht gefunden. Doch mit der Ausweitung des Krieges und mit den ständigen veränderten Kriegsschauplätzen wurde auch die kurdische Region für die Menschen immer gefährlicher. Millionen von Menschen haben ihre Heimat verlassen und in Deutschland Zuflucht gefunden. Zu unsicher und gefährlich war das Leben in dieser Kriegs- und Krisenregion.